Auf dieser Seite erfahren Sie mehr über
- die Antibiotikakrise
- die Rolle der Pharmaindustrie hinsichtlich neuer Antibiotika und
- allgemeine Informationen über Phagen
Die Informationen hier und die Inhalte der verlinkten Medien sind absichtlich einfach gehalten und richten sich an Personen ohne fachspezifische Vorbildung. Tiefergehende Informationen über Phagen finden sich u.a. auf der Infoseite der DSMZ (insbesondere in den Literaturempfehlungen), über aktuelle wissenschaftliche Entwicklungen informiert beispielsweise das “Nationale Forum Phagen“.
1. “Antibiotikakrise“
Möglicherweise haben Sie schon gehört, dass viele Bakterienarten resistent gegenüber gängigen Antibiotika geworden sind, mittlerweile können einige Bakterienstämme auch mit Reserveantibiotika nicht mehr bekämpft werden. Dies ist Folge des übermäßigen Gebrauchs von Antibiotika in der Massentierhaltung und unkritischem Einsatz beim Menschen. Es gibt auch große Unterschiede in verschiedenen Weltregionen: in einigen Ländern können Antibiotika sogar beim Straßenhändler erstanden werden. Die Folgen sind in ärmeren Weltregionen verheerend, aber auch in der westlichen Hemisphäre mehren sich erschreckende Berichte in der Tagespresse – immerhin, das Thema wird allmählich bekannt.
Das Resistenzproblem ist so gravierend, dass es mittlerweile auf höchsten politischen Ebenen thematisiert wird: am 21. September 2016 fand in der Generalversammlung der Vereinten Nationen ein hochrangiges Treffen zum Thema statt, die WHO spricht offiziell von einer „Antibiotika-Krise“ und warnt vor einer „postantibiotischen Ära“. Das Thema stand auch auf der Agenda des Treffens der G7 auf Schloss Elmau (2015). Dort heißt es in der Abschlusserklärung:
„Wir werden eine fachgerechte Verwendung von Antibiotika fördern und uns daran beteiligen, die Grundlagenforschung, die Forschung zu Epidemiologie, Infektionsprävention und -bekämpfung und die Entwicklung von neuen Antibiotika, alternativen Therapien, Impfstoffen und Schnelltests zu stärken“.
Vielfältig neue Wege in der Bekämpfung bakterieller Infektionen sind also dringend erforderlich, und hier könnten Bakteriophagen eine mögliche Ergänzung der vorhandenen Möglichkeiten sein.
2. Die Rolle der Pharmaindustrie
Über Jahrzehnte hinweg hatten Infektionskrankheiten Ihren Schrecken verloren und schienen unter Kontrolle. Bedingt durch diese trügerische Sicherheit wurden Forschung an und Entwicklung von neuen Antibiotika zurückgefahren.
Über die Pharmaindustrie kursieren viele Theorien und unterschiedlichste Ansichten. Fakt ist, dass die Pharmaindustrie wie jeder andere Wirtschaftsbetrieb gewinnorientiert arbeitet. Dies hat zur Folge, dass vor allem Medikamente entwickelt werden, für die ein großer Absatzmarkt in wohlhabenden Ländern besteht; möglichst also gegen chronische Erkrankungen, gegen die das Medikament über lange Zeiträume eingenommen werden muss.
Im Gegensatz zu diesen marktwirtschaftlichen Interessen sollten Antibiotika möglichst selten und kurz angewendet werden. Dies würde insbesondere für neu entwickelte Wirkstoffklassen gelten, um einer schnellen Resistenzbildung dieses Reservemittels entgegenzuwirken. Auch diese Marktlogik erklärt das relative Desinteresse an der Entwicklung neuer Antibiotika. Weitere interessante Aspekte beleuchtet das Wirtschaftsmagazin brandeins hier und hier.
Dass Bakteriophagen von der Pharmaindustrie noch nicht als Arzneimittel entwickelt wurden, hängt zusätzlich mit den komplizierten regulatorischen Bedingungen und der schwierigen patentrechtlichen Situation zusammen. Aufgrund der Gesamtsituation werden zunehmend öffentliche Förderprogramme für Forschungen an Bekämpfungsmöglichkeiten bakterieller Infektionen aufgelegt, das Projekt Phage4Cure wird von einem dieser Programme finanziert.
3. Allgemeine Informationen über Phagen
Ganz kurz erklärt sind Bakteriophagen Viren, die nicht Mensch oder Tier befallen, sondern Bakterien. Sie vermehren sich in diesen Bakterien und zerstören sie dabei. Die Idee, Bakteriophagen als Medikament gegen bakterielle Infektionen einzusetzen, ist über 100 Jahre alt. Dementsprechend gibt es darüber auch schon viele allgemeinverständliche Übersichtstexte und einführende Filme, auf die wir im Folgenden verweisen möchten.
- Die Braunschweiger Zeitung hat der Phagentherapie einen ausführlichen multimedialen Bericht gewidmet, der viele Aspekte beleuchtet.
- Ein Vortrag von Dr. Sandra Wienhold, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe von Prof. Witzenrath an der Charité, in einem Science Slam anlässlich der Langen Nacht der Wissenschaften 2017:
- Der Südwestrundfunk berichtet auf dieser Seite über Phagen, im halbstündigen Audiofeature kommen auch die Wissenschaftler von Phage4Cure zu Wort.
- Die Wissenschaftsjournalistin Renate Ell hat für den bayerischen Rundfunk das mit einem Publizistikpreis ausgezeichnete Radiofeature “Bakteriophagen – ein altes Heilmittel wird wiederentdeckt” erstellt.
- Eine hübsche Darstellung über das “Wesen” Bakteriophage (vielleicht ein bisschen reißerisch, englisch mit deutschen Untertiteln):
- Der Vermehrungszyklus von Bakteriophagen in Bakterien in einer animierten Darstellung der DSMZ:
- Und natürlich Wikipedia: Bakteriophagen und Phagentherapie